PROLOG

Jahr 2310

»Ich hoffe, wir haben keinen Fehler begangen«, raunte der grauhaarige Mann und verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. Er stand auf einer erhöhten Veranda, unter ihm ein weitläufiger Park, der ihn von einer Metropole trennte, die von Wolkenkratzern geprägt war.

Der hochgewachsene Mann zu seiner Linken nickte seufzend. »In unserer Lage war es das Beste, das wir tun konnten, mein Freund.«

Finley fröstelte es plötzlich in der Windstille, die den kühlen Abend prägte. »Logan, wir haben es gemeinsam mit all den anderen geschafft in einer Welt voller Zerstörung eine rettende Insel zu schaffen. Doch wie lange wird es dauern, bis die folgenden Generationen die Fehler der alten wiederholen?«

»Wovon sprichst du?«

»Na, ich meine, dass wir in Zukunft womöglich an der gleichen Stelle stehen werden, wenn … ja, wenn …« Er verstummte und senkte den Blick.

»… wenn die Ressourcen aufgebraucht sind?«, beendete Logan den Satz seines Freundes und seine buschigen Augenbrauen zogen sich grübelnd in der Mitte zusammen. »Dazu wird es so schnell nicht kommen, Finley. Dafür haben wir schließlich selbst gesorgt. Die Wissenschaft versieht uns mit den neusten Mitteln zur Nahrungserzeugung. Energie gewinnen wir durch Wind- und Sonnenkraft und wir sind von so viel Sand umgeben, dass wir noch in tausend Jahren Glas herstellen können, um unsere technischen Anlagen und Gebäude …«

»Ja, ja, und Plastik werden wir so oft recyceln können, dass es uns praktisch nie ausgeht. Ich versteh schon, was du mir sagen willst. Aber sollte die Atmosphäre der Außenwelt nicht schnell wieder Normalwerte zeigen, dann werden wir dennoch Probleme mit den vielen Menschen in dieser Stadt bekommen. Noch ist zwar von allem genug da und auch der Platz reicht aus. Aber du weißt, dass sich das ändern kann.«

»Du machst dir Sorgen um ungelegte Eier«, bemerkte Logan barsch. »Es könnte auch alles gut gehen und in nur wenigen Jahren hat sich die Welt von der Zerstörung weitestgehend erholt. Die Pflanzen werden wieder zahlreich sprießen, Tiere werden durch neu entstandene Wälder streifen und wir können uns wieder hinaus trauen.«

Finley nickte stumm, als ein Klopfen ihn zusammenzucken ließ.

»Herein«, rief Logan durch die weit geöffnete Verandatür in sein Büro.

Die Tür wurde einen Spaltbreit aufgerissen und der Kopf eines jungen Mannes mit blassem Gesicht lugte hinein.

»Ah, Jaxon, mein Guter. Kommen Sie rein.«

Jaxon räusperte sich und trat ein. Unter seinem Arm hatte er eine dünne Mappe mit Papieren geklemmt, die er augenblicklich in beide Hände nahm, als er sich den Männern auf der Veranda näherte.

»Schön, dass ich Sie noch antreffe«, sagte er hektisch und hielt Logan den Hefter entgegen. »Hier sind die Daten, die Sie angefordert haben.«

Sofort griff Logan zu der Brille in seiner obersten Jackentasche und setze sie sich über seinen krummen Nasenrücken.

»Und Sie hatten umgehend um die Berichterstattung gebeten, sobald die letzten Vorbereitungen abgeschlossen sind«, fuhr Jaxon fort und straffte sich, als Logan mit einem überraschten Blick von der Mappe zu ihm aufsah.

»Soll das etwa heißen, dass …« Logans Stimme verstummte, als Jaxon augenblicklich nickte.

»Es ist also vollbracht«, raunte Finley im Hintergrund und alle drei Männer sahen mit einem Mal zur Stadt hinaus. Doch ihre Blicke richteten sich nicht auf die hoch aufragenden Gebäude, sondern nach oben auf die transparente Halbkugel. Geformt aus tausenden von gläsernen Platten stülpte sie sich gemeinsam mit zehn weiteren Kuppeln dieser Art über die gesamte Metropole.

Logan seufzte schwer. »Nun sind wir abgeschieden von der Außenwelt, der Welt, die einst unser Zuhause gewesen war und nun unser Feind geworden ist.«

»Die Sauerstoffkonzentration hat ein Rekordtief von 9,567 Volumen-Prozent erreicht. Tendenz sinkend«, erklärte Jaxon leise.

Mit einem Nicken nahm Logan den Wert zur Kenntnis und murmelte: »Panteona. Was für ein passender Name für unsere neue Heimat, nicht wahr?«

Finley atmete schwer aus. »Pantheon. Einst die größte Kuppel der Welt. Wer hätte gedacht, dass wir knapp zweitausendzweihundert Jahre später es schaffen würden, seine Größe um ein Vielfaches zu übertreffen.«