PROLOG

Die Hände hinter seinem Rücken verschränkt lief Zenko Bell vor seinem Schreibtisch auf und ab. Seine Schritte klangen schwer, genau wie sein Atem, der keuchend kam und ging.

»Es tut mir sehr leid, Herr Bell. Wir haben alles versucht.«

Abrupt blieb der panteonische Präsident stehen und funkelte seinen Konsultanten an, der sich hilfesuchend im Raum umsah. Doch wer sollte ihm schon helfen? Der Schreibtisch etwa? Die verhangenen Fenster? Oder die Projektion eines Nachrichtensprechers über dem Beistelltisch? Nein, er war allein mit dem tobenden Mann.

»Wenn Sie alles versucht hätten, dann würden sie nun begraben unter der Kuppel liegen, oder etwa nicht!?«

Der Berater schluckte. »Nun, es haben nicht alle geschafft, zu entkommen. Einige von ihnen …«

»Ich bin es leid, mir Ihre ewigen Entschuldigungen anzuhören, Leydnosh!«

Der Berater wich einen Schritt zurück. »Es tut mir …«

 »Seien Sie still!«

Leydnosh würgte seine letzten Worte hinunter.

»Was ist eigentlich mit meiner Tochter?«

Fahrig strich sich Leydnosh über die Stirn. »Ähm … wir glauben, dass sie überlebt hat.«

»Ist sie etwa bei denen? Ist sie da draußen?«

Der Berater nickte stumm und ging in Deckung, als ob er damit rechnete, dass Zenko etwas nach ihm werfen würde.

Doch der Präsident atmete tief durch und schaffte es, sich zu beherrschen. »Also schön«, brummte er. »Wir wissen ja, wohin sie unterwegs sind. Da draußen gibt es schließlich nicht viele Orte, wo sie überleben können.«

»Herr Bell, wollen Sie etwa, dass wir Leute losschicken, die ihnen hinterhergehen?«

»Sind Sie wahnsinnig!?« Den Kopf hochrot, trat er auf seinen Konsultanten zu.

Leydnosh presste sein Propad, ein gläsernes Tablet, fester an seine dünne Brust, um das Zittern seiner Hände zu verbergen. Doch Zenko entging nichts. Er sah auf die Arme seines Beraters und dann wieder in dessen Augen, ehe er mit einem matten Lächeln fortfuhr. »Verstehen Sie denn nicht? Gerade mal eine Handvoll Wachen wissen von der Außenwelt. Sollte es mit diesen Fremden zu einer Auseinandersetzung kommen, hätten wir keine Chance.«

»Wir könnten mehr Leute einweihen.«

»Je mehr ich einweihe, desto mehr muss ich später töten«, knurrte Zenko.

Der Berater wurde bleich.

»Nein, ich werde mir, etwas Besseres einfallen lassen.« Zenko senkte mit einem siegessicheren Lächeln den Blick. »Gibt es denn neue Ergebnisse von unseren Gästen?«

»Sie meinen, die in unserem Gewahrsam?«

»Von welchen sollte ich sonst sprechen!?«

»Ja, sicher«, erwiderte Leydnosh mit dünner Stimme und aktivierte sein Propad. »Denton steht kurz vor dem Durchbruch, es sogar auf die neuen Embryonen übertragen zu können.« Der Berater schien nun voll in seinem Element zu sein, als seine Finger über das Pad glitten und kurz darauf eine Tabelle vor ihm in den Raum projiziert wurde.

Auf Brusthöhe schien sie dort zu schweben, als Zenko sich ihr näherte, den eisernen Blick auf die lumineszierenden Zahlen gerichtet. »Also tragen sie tatsächlich ein Geheimnis in ihren Genen.«

»Ja, unglaublich nicht wahr? Es scheint mit ihrem Blut zu tun zu haben, das anscheinend den Sauerstoff besser bindet«, erklärte der Berater und warf noch einen Graphen in den Raum.

Zenko betrachtete ihn konzentriert und murmelte dann: »All die Jahre.«

»Äh, wie bitte?«

Zenko sah zu Leydnosh. Die Furchen in seinem bärtigen Gesicht vertieften sich. »All die Jahre glaubten wir, die einzigen Überlebenden zu sein.«

Der Berater nickte.

»Sie sagten, dass sie diese Information auf die Embryonen übertragen können?«

»Ja, Denton meinte, dass sie es fast geschafft haben. Es dürfte nicht mehr allzu lange dauern.«

»Sagen Sie ihm, dass er mit der Übertragung warten soll.«

»Natürlich.« Der Berater tippte eine Notiz in sein Pad.

»Ich möchte nämlich noch ein paar Anpassungen vornehmen lassen.« Mit einem schalkhaften Lächeln sah der Präsident zu Leydnosh, der ihn mit einem erstarrten Ausdruck bedachte.